Die Geschichte des Werkkreises Literatur der Arbeitswelt reicht zurück bis in das Jahr 1961, als eine lose Verbindung von Arbeiterschriftstellern aus Dortmund erstmals nach dem Krieg in der Bundesrepublik die Arbeitswelt wieder zum literarischen Thema machte. Diese „Gruppe 61“, die von dem Dortmunder Bibliothekar Fritz Hüser gefördert wurde, war jedoch nicht bereit, schreibende Arbeiter zu schulen und zu fördern, sondern sah ihr Ziel darin, sich selbst als Berufsschriftsteller zu etablieren. 1968 gab es in Hamburg eine kritische „Gegen-Universität“, in deren Rahmen Peter Schütt eine Werkstatt schreibender Arbeiter mit großem Erfolg aufbaute. Interne Kritiker der „Gruppe 61“, zu denen auch Günter Wallraff und Erasmus Schöfer – heute leben beide in Köln – gehörten, forderten die bewusste Einbeziehung schreibender Arbeiter in die Organisation, fanden damit jedoch keine Mehrheit und gründeten am 07. März 1970 den „Werkkreis Literatur der Arbeitswelt“, der damals schon 9 Werkstätten umfasste. Das erste Buch des Werkkreises, die Anthologie „Ein Baukran stürzt um“, kam aufgrund eines Reportagewettbewerbes zustande und wurde bei Piper in München verlegt. Am zweiten Reportagewettbewerb „Wie ist mein Arbeitsplatz – wie könnte er sein?“ beteiligten sich 205 Einsender. Die kontinuierliche, erfolgreiche Arbeit des Werkkreises begann. Es gründeten sich bundesweit weitere Werkstätten, auch mit dem Arbeitsschwerpunkt „Grafik der Arbeitswelt“. Bestandteil der Werkstattarbeit war neben der Textverbesserung immer die politische Meinungsbildung und Reflexion; die meisten schreibenden Werktätigen hatten und haben auch heute Verbindung zum DGB und seinen Einzelgewerkschaften und versuchen, KollegInnen in den Betrieben dafür zu gewinnen, ihre Erfahrungen, auch aus der Betriebsratsarbeit, schriftlich zu artikulieren. Der Werkkreis hatte Mitte der 70-er Jahre ca. 450 Mitglieder (darunter auch in Österreich und der Schweiz) in 38 Werkstätten. Etwa 300 Abonnenten bezogen bundesweit die Neuerscheinungen. Die Öffentlichkeitsarbeit (Lesungen, Büchertische, Grafik-Ausstellungen) bei gewerkschaftlichen und politischen Veranstaltungen, an Universitäten und in Stadtbüchereien war und ist heute noch eine der wichtigsten Aufgaben des Werkkreises. 1989/90 hatte sich der Mitgliederstand auf 120 reduziert. Die Vereinigung Deutschlands brachte nicht die erhoffte Integration der Mitglieder der „Zirkel schreibender Arbeiter“ der ehemaligen DDR. Es erschien wohl ein gemeinsamer Band mit dem Titel „Grenzgedanken“ im Bundverlag. Da finden sich in Grebendorf am Grenzfluss Werra AutorInnen aus beiden deutschen Staaten – als sie es noch gab – und entschließen sich, eigene und fremde Grenzgedanken in einem Buch zusammen- und gegeneinanderzustellen. Sie wählten aus den mehr als 800 eingesandten Texten diejenigen aus, die am entschiedensten im Kopf und Grenzen zwischen den (deutschen) Ländern ins Wanken bringen. Grenzen – erkannte und unerkannte, mit denen wir leben, die wir öffnen oder bewahren. 1991 führte die Rückbesinnung auf die Ziele der Werkkreis-Gründer. Nach wie vor geht es darum, mit literarischen Mitteln die Zusammenhänge von Konsum, Leistungsdruck am Arbeitsplatz, Auswirkungen der Arbeit auf den Privatbereich und die Gesundheit darzustellen und Missstände aufzuzeigen. Die wichtigste Aufgabe des Werkkreises und seiner Mitglieder bleibt es, die abhängig Beschäftigten zum Schreiben zu ermutigen, damit Informationen aus erster Hand aus der Arbeitswelt die Öffentlichkeit erreichen. „Die Zeit ist reif, um beschrieben zu werden, vor allen Dingen die Arbeitswelt“ so ein Zitat von Günter Wallraff anlässlich einer Mitmachsendung vom 30.03.1996 im Hörfunk des WDR. Markus Dosch, Helga Reufels, R.Werner Franke Diese Seite erscheint demnächst in einer aktualisierten Neufaasung |
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