Der Werkkreis trauert um:

Markus Dosch † 21.01.2022

Werkkreis-Urgestein der Werkstatt München

Nachruf auf Markus Dosch von Marie-Sophie Michel


Lieber Markus,

nun schreibe ich Dir einen letzten Brief: An Dich, der Du so gerne Leserbriefe geschrieben hast, vor allem an die Abendzeitung! Bei denen warst Du sicher berühmt-berüchtigt. Aber sie haben immer wieder einen Leserbrief abgedruckt. Wenn jemand von der Bussi-Bussi Gesellschaft übertrieben oder ein armer Rentner keinen Kredit bei der Bank erhalten hat, hast Du sofort zum Kugelschreiber gegriffen und später zur Tastatur. Du hattest stets ein feines Gespür für Ungerechtigkeit. In Deinen Kurzgeschichten hast Du oft Alltagshelden geschildert, in ihrem Kampf, das Gute zu bewahren.

Du hast Dein Ziel erreicht, Deinen neunzigsten Geburtstag im Kreis Deiner Familie zu feiern. Ja, 90 wolltest Du werden. Und das nach einigen Herzoperationen.

Du warst der Meister der Kurzgeschichte – und Gedichte lagen Dir – vor allem im höheren Alter – sehr. “Hüte das Wilde“, erschienen 2017, ist der Sammelband Deiner wichtigsten 80 Erzählungen. In der Werkstatt hast Du manchmal ‚geschimpft‘: “Das klingt zu sehr nach Impressionismus oder 19. Jahrhundert!“ Du warst allen neuen geistigen Strömungen gegenüber aufgeschlossen und begeistert von Facebook und Co, überhaupt allem, was mit Technik und Computer zu tun hatte. Und wehe der Computer stürzte mal ab oder Du konntest keine Mails mehr verschicken …

Unvergessen sind Deine legendären Sommerfeste im alten Allacher Apfelgarten. Markus, der charmanteste Gastgeber, den man sich denken konnte. Immer wieder brachtest Du uns zum Lachen mit Deinen Schwänken aus Deinem Leben. Du hast jeden Menschen genommen, wie er war, ob jung, ob alt, ob reich oder arm. Es gab immer einen Platz bei Dir. Und die legendären Kuchen von Friedl!

Nie werde ich vergessen, wie Du mal ganz heiter bei Radio Lora 92,4 verlauten hast lassen: „Die Zeugung unserer Tochter hat Spaß gemacht.“

Und einmal hat Dich ein Radfahrer drangsaliert und beschimpft an einer Ampel. Du hast ihm zugerufen: „Auch Jesus liebt dich.“

Es gibt unzählige Anekdoten über Dich. Legendär war auch Deine Gabe, Menschen miteinander ins Gespräch zu bringen.

Du bist Dein Leben lang neugierig geblieben und fasziniert von der modernen Medizin. Ein paar Mal bist Du zum Glück dem Tod von der Schippe gesprungen. Vor zwanzig Jahren hast Du auch mal stolz die Narbe gezeigt von der letzten Herzoperation.

Lebenslang war es Dir ein Herzensanliegen gegen rechte Strömungen aufzustehen. Du hast auch viele Jahre lang in Schulen als Zeitzeuge über Deine Erfahrungen im zweiten Weltkrieg geredet und gelesen. Der Band „Uns reicht´s“, ein Lesebuch gegen Rechts unter Deiner Mitherausgeberschaft, hat einen Friedenspreis erhalten. Ohne Dein Engagement wäre dieser immer noch sehr lesenswerte Band nicht erschienen.

Wir beide hatten auch ab und zu das Vergnügen bei Lora 92,4 zu moderieren.

In Deinen Werken lebst Du weiter.

Wir vergessen Dich nicht. Du gehörst zu den Autoren und Menschen, die unvergesslich bleiben.

Einen Grappa auf Dich!

(den Du gerne mochtest!)

Marie-Sophie Michel










Ludwig Fels

Unser Gründungsmitglied Ludwig Fels ist am 12. Januar 2021 in seiner Wahlheimat Wien gestorben. Er war einer der fünf Sprecher, die vor 50 Jahren in einem Brief an den Nürnberger DGB die Gründung der Werkstatt Nürnberg-Fürth-Erlangen im Werkkreis Literatur der Arbeitswelt zum 1.Mai 1972 anzeigten. Wir trauern um einen schreibenden Kollegen, der sich im Lauf seines 74jährigen Lebens zu einem der bedeutendsten deutschen Gegenwartsautoren entwickelt hat.

Ludwig, 1946 im mittelfränkischen Treuchtlingen geboren, arbeitete nach einer abgebrochenen Malerlehre als Hilfsarbeiter in Nürnberg, als er 26jährig in unsere Werkstatt kam, schlacksig, mit langem Haar und dunklem Bartwuchs, und mit zornigen, sprachmächtigen Texten. Schnell wurde auch der Luchterhand-Lektor Klaus Röhler, Ex-Ehemann der Nürnberger Schriftstellerin Gisela Elsner, auf Fels aufmerksam. Er brachte schon ein Jahr später seinen ersten Gedichtband “Anläufe” heraus. Es folgten 1974 die Erzählungen “Platzangst”, 1975 der Gedichtband Ernüchterung” und sein erster, autobiografischer Roman “Die Sünden der Armut”. Ein Jahr zuvor hatte Fels den Förderpreis der Stadt Nürnberg ergattert.

Eine authentische Literatur der Arbeitswelt stand damals hoch im Kurs. Ludwig Fels verstand sich aber weder als Kunst produzierender Arbeiterdichter, noch wollte er nur operative Texte für den Klassenkampf liefern. Schreiben war für ihn ein individueller wie solidarischer Akt der Notwehr. Mit wütender Formulierungslust reagierte er schreibend auf seine und seiner Leidensgenossen Misere. So entstanden im Lauf der Jahre in renommierten Verlagen wie Luchterhand, Piper, Verlag der Autoren und zuletzt im Salzburger Verlag Jung und Jung 16 Romane und Prosa-Bücher, zwölf Lyrik-Bände, neun Theaterstücke und 24 Hörspiele.
(Manfred Schwab)

Sein literarischer Durchbruch wurde 1981 der vom ZdF verfilmte Roman “Ein Unding der Liebe”. Der Erfolg ermöglichte ihm, als freiberuflicher Schriftsteller mit seiner Frau von Nürnberg nach Wien zu ziehen, wo Autoren weit mehr staatliche Förderung genießen als hierzulande. Im gleichen Jahr wurde in Hamburg sein erstes Theaterstück “Lämmermann” uraufgeführt. Große Beachtung bei der Literaturkritik fand 1987 auch sein Roman “Rosen für Afrika”.

Und es hagelte Literaturpreise: 1979 Leonce-und Lena-Preis für Lyrik und der Preis der Südwestfunk-Bestenliste. 1981 Nürnberger Kulturpreis (gemeinsam mit dem aus Bayreuth stammenden Arbeiterschriftsteller Max von der Grün). 1983 Hans-Fallada-Preis. 1992 Kranichsteiner Literaturpreis. Neben vielen Stipendien und Stadtschreiber-Berufungen bekam er u.a. auch den Wolfgang-Koeppen-Preis, den Wolfram-von-Eschenbach-Preis und die Otto-Braun-Ehrengabe der Deutschen Schiller-Stiftung. Seine bewegende Erzählung “Reise zum Mittelpunkt des Herzens” wurde 2006 für den Deutschen Buchpreis nominiert. Der ein Jahr vor seinem Tod erschienene Roman “Modbeben” stand auf der Longlist zum Österreichischen Buchpreis.

Wenn Ludwig auch den Werkkreis als wegweisende Laien-Organisation bald hinter sich ließ, so blieb er doch seinen frühen Weggefährten kollegial und freundschaftlich verbunden und steuerte noch 1992, 1995 (zu “Freistaat Bayern – Land der Amigos”) und 2007 autorisierte Texte wie das “Lied von der Kleinheit” und “Ein Arbeiter geht in die Fabrik” als Erstveröffentlichungen zu Werk-kreis-Büchern bei. 2012 zeigte sein einziger Mundart-Gedichtband “Do di ned o” (Ars-vivendi-Verlag) seine Verbundenheit mit seinen fränkischen Wurzeln. Dass unser Gründungsmitglied bei unserem 50jährigen Werkstattbestehen im kommenden Jahr nicht mehr dabei sein wird, macht uns sehr traurig. Wir werden unsere Jubiläumsverantaltung seinem Andenken widmen.
(Manfred Schwab)







Wolf-Dieter Krämer

Der Schriftsteller und Mitglied im Landesvorstand Bayern des VS ist gestorben. Wenige Tage vor seinem Tod war er erst in den Vorstand des VS Bayern wiedergewählt worden, dem er die letzten Jahre angehört hat. Sein Tod reißt eine große Lücke, denn er arbeitete in verschiedenen Organisationen mit, engagierte sich für soziale Gerechtigkeit und im politischen und publizistischen Widerstand gegen die Auswüchse des Kapitalismus und die Gefahr rechtsradikaler und populistischer Strömungen.
Bedächtig und zielstrebig, immer freundlich und unbeirrbar ruhig hat er seine Projekte vorangebracht, die Zusammenarbeit zwischen den literarischen Organisationen gefördert und sich für komplexe Aufgaben zur Verfügung gestellt. Dafür danken wir ihm als Weggefährten, den wir nicht vergessen werden.
(Arwed Vogel)

Mit Bestürzung hat der Kulturmaschinen Verlag den Tod von Wolf-Dieter Krämer aufgenommen. Der bayrische Autor war langjähriges leitendes Mitglied des Werkkreises Literatur der Arbeitswelt. Im Kulturmaschinen Verlag hat der Werkkreis vor einigen Jahren das vielbeachtete Buch Nachdenken über NSX herausgebracht. Es beschäftigt sich mit dem Terror von Rechts und dem Neofaschismus, der allenthalben wieder aufkeimt. Krämer hat damals dieses Buch veranlasst. Zur Zeit ist auf seine Initiative hin ein Buch über die Digitalisierung und die Arbeitswelt in Vorbereitung. Wolf-Dieter Krämer wurde 10. Januar 1945 in Prag geboren. Nach dem Zweiten Bildungsweg und einem Studium als Betriebswirt, arbeitete er bei verschiedenen Privatunternehmen und dann bei im Baureferat der Stadt München. Er war zunächst Mitglied der SPD und bis zu seinem Tode von DIE LINKE. Krämer war aktiver Gewerkschafter und Mitglied der ÖTV. Seit 1992 war er im Werkkreis aktiv. Wolf-Dieter Krämer war Mitglied des deutschen PEN-Zentrums.
(Leander Sukov)







Manfred Koch

Der Werkkreis Literatur der Arbeitswelt e.V. trauert um seinen 1. Sprecher Manfred Koch. Der Nürnberger Diplom-Sozialwirt ist im Alter von 68 Jahren, nur zwanzig Monate nach seiner Wahl zum Bundesvorsitzenden, an einer Krebserkrankung gestorben. Er war am 14. Februar 2014 in Nürnberg bei der letzten Mitglieder-Versammlung der bundesweit in örtlichen Werkstätten organisierten Schriftstellervereinigung einstimmig zum 1.Vorsitzenden (Sprecher) gewählt worden.
Der engagierte Sozialwissenschaftler Manfred Koch wurde am 25.4.1947 in Dörfles geboren und ist am 13. Oktober 2015 in Nürnberg gestorben. Er war nach seinem Studium beruflich u.a. als Sozialwissenschaftler bei der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) tätig. Bis zuletzt engagierte er sich in der Berufsfortbildung, als evangelischer Laienprediger, in der SPD und in der Nürnberger Werkstatt des Werkkreises. Ende letzten Jahres konnte er noch das Werkkreis-Buchprojekt „Nachdenken über NSX – Geschichten, Gedichte, Reportagen und Szenen gegen Rechts – für eine bunte, menschenfreundliche Welt“, der Öffentlichkeit übergeben und die drei Preisträger des Schreibaufrufs auszeichnen.
Für eine menschenfreundliche Welt hat sich Manfred Koch ein Leben lang auf vielfache Weise eingesetzt. In seinem Vorwort schrieb er u.a.: „Als Gebrauchswert wünschen wir uns für dieses Buch, dass es anregt zum Nachdenken, zur Diskussion und dass es vielleicht ermutigt zum eigenen Engagement“.
Die Werkstatt Nürnberg, die das Buch am Mittwoch, 18. November 2015 um 19 Uhr im Literaturzentrum Nord (KUNO), Wurzelbauerstrasse 29, mit einer Gemeinschaftslesung vorstellte, widmete diese Veranstaltung dem Andenken ihres verstorbenen Mitglieds.
(Monika Rohr, Werkstatt-Sprecherin)







Fritz Märkl

Mitglied der Werkstatt München, viele Jahre auch Erster Sprecher des Werkkreises.
Fritz Märkl ist am 16. Februar 2015 nach langer schwerer Krankheit verstorben.
Wir sind mit unserer herzlichen Anteilnahme bei seiner trauernden Familie.